Kettwig gehörte bis 1803 zur Reichsabtei Werden. In dem Gebiet dieser Abtei durften sich keine Juden ansiedeln.

Im heutigen Ortsteil Kettwig vor der Brücke (ehemals Laupendahl) gab es jedoch schon vor 250 Jahren jüdische Einwohner. Den ersten Schutzbrief stellte 1756 die Herrschaft  Nesselrode auf Schloss Hugenpoet aus.

Freie Berufswahl war den Juden in der damaligen Zeit verwehrt. Juden durften aber Händler sein und zunftfreie Berufe ausüben.

Durch die Landsberger Straße lief zwischen 1750 und 1800 ein Teil des alten Handelswegs zwischen dem Niederrhein und der Grafschaft Hanau. Er kam als „Kuhstraße“ von Dinslaken und führte als „Frankfurter Straße“ durch das Bergische Land. Entlang der Kuhstraße siedelten sich Viehhändler an.

In Laupendahl teilten sich jüdische und christliche Viehhändler das Geschäft. Weitere Juden konnten als Gerber arbeiten.

Eine Gemeinde aus 10 Haushalten bestand schon 1786, denn in diesem Jahr fand die erste Beerdigung auf dem Blomericher Friedhof statt. Seit 1846 gab es eine Schule für zunächst 21 Kinder aus Laupendahl und Kettwig, zunächst in der Synagoge, dann im Haus Werdener Str. 28. Die Schülerzahl war 1908 so gering geworden, dass die Schüler mit ihrem Lehrer Fritz Kaiser in die evangelische Schule übernommen wurden. Im Vereinsleben waren die Juden aus Laupendahl als Mitgründer des Turnvereins 1886, der Feuerwehr und der Gesangvereine aktiv.

Eine Synagoge mit der „Mikwe“, dem rituellen Bad, wurde vor 1808 in der Scheune von „Ossendorfs Haus“ (heute Landsberger Str. 22/24) eingerichtet. Dort befinden sich im Garten noch Mauerreste.

Beim Betreten der Synagoge sah man geradeaus auf den Thora-Schrein; davor saßen ebenerdig die Männer, während für die Frauen rechts einige Stufen zu einer kleinen Empore führten.

1933 kamen die Nationalsozialisten, hervorgegangen durch freie Wahlen, an die Macht. Die Kettwiger Juden wurden aus dem Viehhandel verdrängt, und der Gerber im Haus Landsberger Straße 8 wurde Zwangsarbeiter im eigenen Betrieb.

Nach Auskunft von Kurt Anschel, der nach Haifa fliehen konnte, ist die Synagoge nach mehreren Versuchen der Brandstiftung in der Pogromnacht 1938 in Flammen aufgegangen. Am 09.11.1938 wurden die jüdischen Familien der Arndtstraße und Werdener Straße in ihren Wohnungen gequält und alte Leute ins Freie getrieben, das Mobiliar zerschlagen.

Die letzten Jüdinnen und Juden wurden 1942 nach Theresienstadt und Izbica deportiert. Zur Erinnerung wurden „Stolpersteine“ in Kettwig verlegt. Diese Gedenktafeln wurden vor den letzten Wohnhäusern der NS-Opfer in den Belag des jeweiligen Gehwegs eingelassen. Eine jüdische Gemeinde in Kettwig besteht heute nicht mehr. In der Gedenkstätte Yad VaShem (Jerusalem) steht im „Tal der Gemeinden“ unter vielen Inschriften auch „Kettwig an der Ruhr“.

Mit freundlicher Unterstützung von Wolfgang Bieger, Werner Hennefeld, Eberhard Kühnle, Frank H. Striening

Landsberger Str./Mintarder Weg , 45219 Kettwig