Das von Gottfried Wilhelm Scheidt (1764 -1821) 1799/1800 erbaute Patrizierhaus „Scheidt im Kirchfeld“ ist ein bedeutendes Baudenkmal des Klassizismus im Rheinland und ein erstes repräsentatives Zeugnis der Unternehmertätigkeit im Kettwiger Textilgewebe. Dieses Baudenkmal besitzt sieben Fensterachsen. Ein schwach hervorgehobener Mittelrisalit (Mauervorsprung) aus drei Achsen hebt mit seinem großen Rundbogen den original erhaltenen Haupteingang hervor. Die Schmuckelemente sind betont sparsam ausgearbeitet. Man erkennt sie vor allem an der Haustüre.

Die Glocke im Dachreiter soll zur Reichsgründung am 18.01.1871 geläutet worden sein und erklang erst wieder zum Tag der Deutschen Einheit am 03.10.1990.

In den rückwärtigen, um einen Innenhof gelegenen Manufakturgebäuden, die 1984 abgerissen wurden, war die Tuchfabrik der Gebrüder Scheidt mit bis zu 50 Webstühlen untergebracht.

1814 war Scheidt im Kirchfeld Quartier des Marschalls Louis-Nicolaus d`Avou^t auf der Flucht von Hamburg nach Paris. Im Hof war die Kriegskasse der letzten napoleonischen Truppe abgestellt.

1821 gingen Wohnhaus und Fabrikgebäude auf die Erben von Gottfried Scheidt über. Diese trennten sich in dem Jahr von dem Vetter des Vaters, Johann Wilhelm Scheidt (1773-1848), der seit 1796 im Unternehmen war und dann eine Tuchfabrik unter seinem Namen gründete, die bis 1974 als größter Arbeitgeber vor Ort Tuche und seit 1883 auch Kammgarne herstellte. Das Unternehmen der Erben von Gottfried Scheidt, Gebr. Scheidt, beendete bereits 1881 seine Produktion. Der Grundbesitz im Kirchfeld wurde 1884 von Johann Wilhelm Scheidt (1838-1896) erworben.

1833 bereiste Kronprinz Friedrich Wilhelm (ab 1840 König Friedrich Wilhelm IV) die schiffbar gemachte Ruhr. Von der Fähre ging er mit Gefolge zu Fuß zu (Scheidt im Kirchfeld) und wurde dort festlich empfangen. Später wohnte für längere Zeit der berühmte Maler Peter von Cornelius (1789-1867) hier.

Seit etwa 1870 wurde in dem Haus ein Hotel mit großem Garten und Sälen für 50-400 Personen betrieben und hieß 1893 „Heyne´s Hotel Kaiserhof“. Hier tagte u.a. die „Gesellschaft Erholung“. In diese Bürgergesellschaft wurden um 1900 alle Ratsbeschlüsse, praktisch die gesamte Kommunalpolitik, vorbereitet.

Nach Abriss der alten Manufakturgebäude entstand ab 1986 auf diesem Gelände die heutige Wohnanlage hinter dem nunmehr unter Denkmalschutz stehenden Fabrikantenhaus, das seitdem als Bürogebäude genutzt wird.

Adresse: Kreuzung Kirchfeldstraße/Corneliusstraße, Kettwig